Auf der Rückreise eines Besuches bei Freundinnen und Freunden in Mecklenburg, Ostdeutschland, befinde ich mich in einem Bus zwischen Malchin und Waren. Vor mir sitzt ein blitzblank kahlgeschorener junger Mann und steigt in einem der Dörfer aus, um direkt auf ein Haus mit zwei riesigen Fahnen, die mehrere Fenster verdecken, zuzugehen:
Die schwarz-rot-goldene sowie die schwarz-rot-weisse Fahne – die der «Reichsbürger». Mir war schon vorher etwas schummrig, angesichts der eindeutigen Embleme auf seinem schwarzen T-Shirt, jetzt wird mir langsam übel. Auch, weil mir klar ist, dass die Situation in Österreich und Frankreich, in den Ländern, in denen ich zu Hause bin, nicht viel anders ist. Selbst in der Schweiz hat Rechtsextremismus immer mehr Platz.
In Anbetracht der politischen Lage in Europa, die durch die Europaparlamentswahlen noch verdeutlicht wurde, können wir uns eigentlich nur sagen: «Nicht aufgeben! Nicht das Handtuch werfen! Nicht resignieren! Nie vergessen!» So schwierig die nächsten Jahre auch sein werden – insbesondere für alle, die verdächtigt werden, nicht in das Land zu gehören, in dem sie leben oder leben möchten.
Zu Viele glauben bereits an die Mär der ausländischen Invasion und gehen über Leichen, um ihren Status quo und das, was sie ihren Besitz nennen, vor den «Minderwertigen» zu retten. Eine Freundin von mir, die in Mecklenburg mit immigrierten und deutschen Kindern arbeitet, sagt mir, dass sie sich jeden Tag schämt – für die Deutschen.
Wir müssen uns mit aller Kraft gegen den Rechtsruck stemmen, versuchen, dieser Entwicklung etwas entgegenzusetzen. Zusammen mit denen, die Menschen im Mittelmeer retten, sich im Nahen Osten für den Frieden einsetzen, oder sich in der Ukraine und überall der Kriegsflüchtlinge annehmen. Sich gegen einen Trend stemmen, der droht, uns zu überrollen, zusammen mit allen, die sich der Gefahr dieser Entwicklung bewusst sind.
Constanze Warta