Liebe Leserin, liebe Leser,
Eine Krise kann helfen, sich neu zu orientieren. Die Frage ist nur, WER bestimmt die Richtung und auf welcher Basis? Sind es solche, die – ohne Rücksicht auf menschliche Verluste – die Wirtschaft wieder ankurbeln und dieses System erhalten möchten oder die, die sich für Vielfalt, Lebensqualität und gleiche Rechte für alle Menschen einsetzen. Sind es die, die bestrebt sind, mit tödlicher Gewalt Zucht und Ordnung durchzusetzen oder die, die versuchen, andere Wege zu gehen, abseits der mit Autorität und Hierarchie betonierten, Bahnen. Angst und Misstrauen sind keine guten Ratgeber, Einfalt und Unvernunft auch nicht.
Ähnlich wie bei einer Generalprobe, konnten wir in den letzten Monaten üben, wie viel Ausnahmezustand wir ertragen, wie lange wir geduldig das tun, was von uns verlangt wird und ab wann wir anfangen, Einiges davon in Frage zu stellen. Wir konnten auch unsere Kapazität an Hilfsbereitschaft, Empathie und Eigenständigkeit erproben. Unsere Möglichkeiten, uns zu schützen und zu stärken. Wir hörten die Vögel lauter singen, spürten die reinere Luft, merkten aber auch wie sehr uns manche Menschen fehlen und konnten feststellen, dass Isolation sehr, sehr schmerzhaft sein kann.
Und dann das Aufschrecken: Einmal mehr wurde ein Afroamerikaner durch Polizeigewalt ermordet. Das Fass der Brutalität ist übergelaufen; George Floyd ist zum Symbol der Unterdrückung geworden. Weltweit erheben sich Menschen voll Trauer und Wut und fordern Gerechtigkeit. Wir dürfen das Inakzeptable auf dieser Welt nicht einfach hinnehmen und miterhalten. In diesem Sinne wünsche ich ihnen, im Namen unseres Redaktionsteams, viel Kraft um weiterhin wachsam zu bleiben und eine Neuorientierung mitzugestalten!
Constanze Warta