Am 21. Juni wurde in Frankreich die Bewegung «Soulèvements de la terre» per Dekret durch den französischen Ministerrat verboten. Insgesamt wurden bis zu dem Tag bereits über 30 Personen, die sich angeblich an Aktionen gegen zerstörerische Megaprojekte beteiligt hatten, festgenommen und mehr als drei Tage und drei Nächte in Polizeigewahrsam festgehalten. In zahlreichen Städten in ganz Europa wurden Solidaritätsproteste organisiert. Hier die Mitteilung der Bewegung:
In einer zweiten Welle von Festnahmen wurden am frühen Morgen des 20. Juni mindestens 18 Personen an einem Dutzend verschiedener Orte in ganz Frankreich, insbesondere in Notre-Dame-des-Landes, gefangen- und in Polizeigewahrsam genommen. Diese gross angelegte Polizeiaktion – am Vorabend der angekündigten Auflösung der «Soulèvements de la terre» – ist in erster Linie eine Kommunikations- und Einschüchterungsoperation gegen die soziale Bewegung als Ganzes. Die Motive sind uns noch nicht vollständig bekannt, wurden aber von den Ordnungskräften während ihrer Einsätze erwähnt, insbesondere die Aktion gegen die Lafarge-Fabrik in Bouc-bel-air[1] im vergangenen Dezember und die Aktion in St. Soline[2]. Zum jetzigen Zeitpunkt lässt sich noch nicht sagen, auf welche materiellen Elemente sich das Verfahren stützt. Diese Festnahmen erfolgten, nachdem Olivier Veran[3] die geplante Auflösung der «Soulèvements de la terre» per Dekret im Ministerrat am Mittwoch, den 21. Juni, angekündigt hatte: ein sehr politisches und besonders beunruhigendes Verbot, das von der Agrarindustrie und der FNSEA, der rechten Landwirtschaftsgewerkschaft[4], sowie direkt vom Staatschef gefordert wurde. Die Regierung beugt sich damit dem Druck der Gewerkschaft, die damit gedroht hatte, im Falle einer Nichtauflösung gewaltsam gegen Einzelpersonen der «Confédération Paysanne», der linken Bäuer·innengewerkschaft[5] und der «Soulèvements de la terre» vorzugehen. Diese Festnahmen sind Teil einer anhaltenden Repression; es handelt sich nun um die zweite Welle von Festnahmen nach derjenigen, die am 5. Juni stattfand und zu Inhaftierungen von bis zu 82 Stunden führte.
Die Verhaftung von einigen Personen täuscht jedoch über die eigentliche Realität hinweg: Mehr als 108.000 Menschen haben Anfang April den Aufruf «Wir sind die Aufstände der Erde» unterzeichnet, sind Teil des Aufrufs und unterstützen die Volksbewegung zur Verteidigung von Land und Wasser. Die Verhaftungen bestätigen die Angst der Regierung vor einer Bewegung, die immer populärer und legitimer wird. In einer Zeit, in der sich die globale Erwärmung beschleunigt und die Agrarindustrie und die Lobbyist·innen sich Wasser und Land zu eigen machen, ist es dringend notwendig, sich der Gemeingüter wieder kollektiv anzunehmen und die immer knapper werdenden Ressourcen zu teilen.
Nichts wird Diejenigen aufhalten, die sich gegen diese himmelschreiende Ungerechtigkeit erheben. Wir wissen, dass die wahre kriminelle Vereinigung von Regierung, Agrarindustrie-Lobby und Bausektor dabei ist, die Erde unumkehrbar zu zerstören. Der Versuch, die Soulèvements zum Schweigen zu bringen, ist ein vergeblicher Versuch: Das Thermometer zu zerbrechen, anstatt das Fieber zu behandeln. Wir betonen, dass wir sowohl vergangene als auch zukünftige Aktionen zur gemeinsamen Nutzung von Wasser und Land unterstützen und dass diese fatalerweise zunehmen werden, solange die Verantwortlichen ihre Zerstörungen und Aneignungen fortsetzen. Wir sind unsererseits gelassen und bereiten unsere Verteidigung gegen die Auflösung vor, unbeeindruckt von den Schreckensbildern, die von der Regierung kommuniziert werden. Wir erinnern daran, dass für die Verhafteten die Unschuldsvermutung gilt. Wir werden vor Gericht gehen, denn wir glauben an die Möglichkeit eines juristischen Sieges, um diese ungerechte Entscheidung zu kippen, wie es bei anderen politisch motivierten Auflösungen der letzten Jahre der Fall war. Wir verurteilen insbesondere die Verhaftung eines Sprechers der Soulèvements, der zur gleichen Zeit in mehreren Medien eingeladen war. Diese Verhaftung zielt direkt darauf ab, ihn daran zu hindern, sich öffentlich zum Verbot zu äussern: ein inakzeptabler Versuch, das Recht auf freie Meinungsäusserung zu beschneiden.
Les Soulèvements de la terre, 20. Juni 2023
- Weitere Informationen: https://lessoulevementsdelaterre.org/
Der Zementhersteller Lafarge überschreitet seit Jahren die von der EU festgelegten Umweltstandards für Staub und Schwefeloxide. Zusätzlich zu diesem ökologischen Verbrechen hat Lafarge den so genannten «Islamischen Staat» auf syrischem Territorium mitfinanziert, nur um dort seine Marktstellung zu behaupten, wofür das Unternehmen in den USA zu einer Geldstrafe in dreistelliger Millionenhöhe verurteilt worden ist.
Siehe Archipel Nr. 320, Dez. 2022: «Gefährliches Grossprojekt» von Bernard Schmid.
Stellvertretender Minister für «demokratische Erneuerung»
Die FNSEA ist die Mehrheitsbauerngewerkschaft der industriellen Landwirtschaft in Frankreich